Dass Organisationen nicht stillstehen, sondern sich entwickeln, mit ihrer ganz eigenen Dynamik, ist eine Binsenweisheit. Dass diese Dynamik von Konflikten vorangetrieben wird, und dass sich dabei ein für jede Entwicklungsphase spezifischer Appetit auf bestimmte Formen der Konfliktbehandlung ergibt, ist auch nicht mehr ganz neu. Das Systemdesign muss diese Entwicklungsdynamik berücksichtigen und in geeigneter Weise unterstützen – sie soll ohne Katastrophe vonstattengehen.
Das Systemdesign, wiewohl in den heutigen Verhältnissen verankert, muss die Organisation bei der Überwindung ihrer gegenwärtigen Verhältnisse unterstützen. Dabei geht es nicht darum, eine bestimmte Form zu finden, sondern es geht darum, wie Formen gefunden werden.
Im Verlauf des gesamten Systemdesign-Projekts treten
möglicherweise unterschiedliche Nutzungsaspekte in den Vordergrund, denn sie hängen eng miteinander zusammen. Schauen wir
jeden einzelnen Aspekt daraufhin an, in welcher Form er auftaucht und in
welcher Weise er sich wandelt.
Stellen-Besetzung
Irgendwann läuft
jeder unbearbeitete Konflikt darauf hinaus, dass der Verbleib eines oder
mehrerer der Beteiligten in der Organisation in Frage gestellt wird. Organisationen,
in denen dies zum Antreiber für das Systemdesign wird, benötigen eine
umfangreiche Diagnose-Phase, damit geklärt werden kann, welcher andere Aspekt
allzu weit aus dem Blick gerutscht ist. Mit dem Problem der Stellenbesetzung
als Thema fürs Systemdesign kann man zwar auch arbeiten – wir haben dies schon
früh getan mit der Einführung von fundierten Austritts-Gesprächen (also einem
genauen Feedback der scheidenden MitarbeiterIn über die Sicht der Organisation)
und mit Verbesserungen in der Handhabung von Trennungen. Insgesamt aber wird
man früher oder später auf andere Aspekte stoßen, die dann im Systemdesign
zielführend werden können.
Projektarbeit
Dieser Begriff erfasst vieles, das in der Nähe zu den Kunden
geschieht. Wenn es Konflikte gibt – sei es innerhalb des eigenen Teams, sei es
mit dem Kunden – sind die Folgekosten oft astronomisch hoch. Wie groß,
beispielsweise, ist der Schaden für eine
Werbeagentur, wenn sie die Marke mit dem größten Renommée verliert? Zugleich
wird dieser Nutzungsaspekt von den Anlaufstellen für Konflikte am wenigsten
versorgt. In Publikationen heißt es, dass Projektmanagement immer auch
Konfliktmanagement sei; spricht von der Führungskraft resp. dem Projektleiter
als Konflikt-Manager.
Wenn Konflikte in der Projektarbeit zu massiven Folgekosten führen, und wenn dabei künftige Ertragsmöglichkeiten vertan werden, dann wird schnell die Kompetenz der verantwortlichen Führungskräfte in Frage gestellt. Die Anforderung, dass Führungskräfte fachlich kompetent und kompetent für die Führung (das heißt auch: für den Umgang mit der Reibung im Projekt) sein müssen, macht oft im Konfliktfall die Verhältnisse extrem eng: Es gibt keine Ausflucht, und es gibt keine Hilfe. Wenn das so ist, dann bleibt nicht nur für die Konfliktbeteiligten, sondern vor allem für ihre Führungskraft nur noch, mit dem Finger auf mutmaßlich Schuldige zu zeigen. Konfliktmanagement ist Führungsaufgabe, ja, aber im weiteren Sinn muss Konfliktmanagement auch erlauben, Führungskräfte von einem Teil dieser Aufgabe zu entlasten. Systemdesign heißt auch: Auseinandersetzung darüber, wie Führungsaufgaben definiert werden.
Wenn Konflikte in der Projektarbeit zu massiven Folgekosten führen, und wenn dabei künftige Ertragsmöglichkeiten vertan werden, dann wird schnell die Kompetenz der verantwortlichen Führungskräfte in Frage gestellt. Die Anforderung, dass Führungskräfte fachlich kompetent und kompetent für die Führung (das heißt auch: für den Umgang mit der Reibung im Projekt) sein müssen, macht oft im Konfliktfall die Verhältnisse extrem eng: Es gibt keine Ausflucht, und es gibt keine Hilfe. Wenn das so ist, dann bleibt nicht nur für die Konfliktbeteiligten, sondern vor allem für ihre Führungskraft nur noch, mit dem Finger auf mutmaßlich Schuldige zu zeigen. Konfliktmanagement ist Führungsaufgabe, ja, aber im weiteren Sinn muss Konfliktmanagement auch erlauben, Führungskräfte von einem Teil dieser Aufgabe zu entlasten. Systemdesign heißt auch: Auseinandersetzung darüber, wie Führungsaufgaben definiert werden.
Unternehmens-Organisation bildet den Entwicklungsstand
des Unternehmens in Strukturen ab. Das ist eng verbunden mit Veränderungen
der Kultur. In den Krisenphasen jeder noch so gesunden Entwicklungsdynamik von
Unternehmen gibt es Konflikte, die bedeutsam sind für die Zukunft. Neben der
sozusagen naturgegebenen Entwicklungsdynamik jeder Organisation beschäftigen
uns die intentional veranlassten Change Prozesse des Unternehmens. In diesem
Zusammenhang werden wir immer wieder angefragt, präventiv ein System des
Konfliktmanagements aufzubauen. In einem umfassenden Systemdesign muss das mit
aufgehen – und manchmal steht es gar in seinem Vordergrund, nämlich dann, wenn
die Organisation vor umfassenden Veränderungen steht, und die Leitung die damit
unausweichlich verbundenen Konflikte proaktiv angehen möchte. Systemdesign muss einen Beitrag dazu leisten,
dass die den Konflikten innewohnende Triebkraft genutzt wird für die Gestaltung
der Organisation, und dass dies ein fortwährender Prozess wird.
Beschwerden
Fast jeder Konflikt könnte in eine Beschwerde münden. Wenn
es aber von vornherein um Beschwerden geht (jemand beschwert sich bei einem anderen
darüber, was ein Dritter getan oder gelassen hat), dann liegt es (allzu) nahe,
für diese Beschwerden einen festen Weg und Gefäße einzurichten, vor allem dann,
wenn die Beschwerden von Außenstehenden ins Unternehmen adressiert werden. Der
Umgang damit kennt drei verschiedene Orientierungen:
Alle drei Punkte spielen stets eine Rolle. Entscheidend ist,
wie dabei gewichtet wird. Beschwerdemanagement und internes Konfliktmanagement
weisen zwingende Parallelen in ihrer Logik auf. Es geht stets (nämlich bei
jedem Konflikt) darum, dass Veränderungen in Gang gebracht werden sollen. Wie
mit dieser Tatsache umgegangen wird, ist weitgehend eine Frage der Haltung,
also der Unternehmenskultur, und sie wird zum gemeinsamen Nenner bei Konflikten
mit internen und mit externen Beteiligten.
Gelegentlich führt der Weg von der Auseinandersetzung mit dem Management von Beschwerden externer Kunden hin zu einem anderen Umgang mit internen Konflikten. Wichtig ist, dass der Berater die Gemeinsamkeit klar machen kann. Die Mechanismen zur Bearbeitung von internen Konflikten und von Konflikten, die von Außen hereingetragen werden, sollten sich nicht prinzipiell unterscheiden.
Gelegentlich führt der Weg von der Auseinandersetzung mit dem Management von Beschwerden externer Kunden hin zu einem anderen Umgang mit internen Konflikten. Wichtig ist, dass der Berater die Gemeinsamkeit klar machen kann. Die Mechanismen zur Bearbeitung von internen Konflikten und von Konflikten, die von Außen hereingetragen werden, sollten sich nicht prinzipiell unterscheiden.
Gesundheit
Immer mehr Betriebe erkennen, dass von der Art, wie ihre
Beschäftigten arbeiten, die Gesundheit des Einzelnen und letztlich die
Gesundheit des Unternehmens abhängt. So werden einerseits die Beratungsangebote
der Arbeitsschutz-Organisationen (zum Beispiel der Berufsgenossenschaften)
immer umfangreicher und gehen weit über die hergebrachten Fragen der
Unfallverhütung hinaus. Betriebliches Gesundheitsmanagement mit Programmen, die
nicht bei Rückenschule und Obstkorb stehenbleiben, soll die Leistungsfähigkeit
der Belegschaft sichern. Bislang wird eher als Randphänomen vermerkt, dass
Burnout und andere Schäden massive Konflikte (spätestens mit den Rückkehrern
nach langer Krankheit) provozieren, und dass andererseits Konflikte, die als
nicht lösbar erscheinen, den Kollaps der Arbeitsfähigkeit beschleunigen.
Für mehrere der im Unternehmen bereits etablierten Anlaufstellen für Konflikte erscheint die Thematik auf den ersten Blick vertraut. Beim Systemdesign aber wird deutlich, dass noch viel unternommen werden muss, damit gesundheitsfördernde Einzelmaßnahmen in das Netz des präventiven und kurativen Konfliktmanagements aufgenommen werden können. Man wird das Thema nicht isoliert angehen können. Die Beziehung von Burnout und Konflikten ist einerseits evident, andererseits aber weitgehend unerforscht. Systemdesign hat immer auch einen gewissen Anteil Handlungsforschung. Das heißt: Wir Berater haben den Vorsprung von Konzeption und Erfahrung - doch entwerfen und evaluieren wir gemeinsam mit unseren Kunden, und bauen in unseren künftigen Projekten darauf weiter auf.
Eine ungekürzte Version
dieses Textes finden Sie in Spektrum der Mediation, Für mehrere der im Unternehmen bereits etablierten Anlaufstellen für Konflikte erscheint die Thematik auf den ersten Blick vertraut. Beim Systemdesign aber wird deutlich, dass noch viel unternommen werden muss, damit gesundheitsfördernde Einzelmaßnahmen in das Netz des präventiven und kurativen Konfliktmanagements aufgenommen werden können. Man wird das Thema nicht isoliert angehen können. Die Beziehung von Burnout und Konflikten ist einerseits evident, andererseits aber weitgehend unerforscht. Systemdesign hat immer auch einen gewissen Anteil Handlungsforschung. Das heißt: Wir Berater haben den Vorsprung von Konzeption und Erfahrung - doch entwerfen und evaluieren wir gemeinsam mit unseren Kunden, und bauen in unseren künftigen Projekten darauf weiter auf.
Ausgabe 50/2013, einer Zeitschrift, die wir Ihnen empfehlen.
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