10. Juni 2014

Mediation in der Arbeitswelt von morgen - Teil 4. Neue Anforderungen für Führungskräfte

von Wilfried Kerntke

Zur Aufgabe von Führungskräften gehört es, Konflikte hervorzurufen und sie zu behandeln, schreibt Thomas Robrecht. Im Zuge der Veränderung der Arbeitswelt und der Beschleunigung des sozialen Wandels müssen sich Führungskräfte neuen Konflikten stellen. In zweifacher Hinsicht werden sie von neuen Verhältnissen herausgefordert, die durch die damit verbundenen Verschiebungen im Gefüge der Anerkennungsverhältnisse entstehen. Sie müssen einerseits reagieren, und andererseits gestalten.
  
Das Gestalten ist mit Arbeit verbunden. Zwar wird den Konsumenten ein durch Konsum gestaltbares Leben versprochen, um nicht zu sagen: ein Leben als Designgegenstand. In scharfem Gegensatz dazu aber ist der Alltag von Unternehmenslenkern und ihren Führungskräften - geprägt von Alternativenmangel in ihren Entscheidungen und von fehlendem Vorausblick über die gestalterischen Wirkungen ihres Handelns. Nachhaltigkeit ist die Beschwörungsformel, die den Gegensatz ausgleichen soll.
Auf Führungskräfte in Unternehmen kommen in den nächsten Jahren folgende Anforderungen verstärkt zu:
  • Achtsames Management zu üben – also eine defokussierte Aufmerksamkeit für alles, was im Unternehmen an neuen Entwicklungen entsteht. Aufmerksamkeit für das, was neben dem Geplanten liegt. Die Entwicklungen, welche auf Unternehmen zukommen und kritisch werden können, sind mit dem klassischen Managementblick nicht leicht zu fassen.
  • Konfliktmanagement als Managementaufgabe anzuerkennen – nicht als fakultative Übung, der man sich nach eigenem Gusto unterziehen kann oder auch nicht.
    Die Sichtweise, dass Konflikte auch im Arbeitsleben im Wesentlichen eine Privatangelegenheit der Beteiligten seien, entzieht dem Unternehmen wichtige Veränderungs-Energie. Konflikte im Arbeitsleben gehören dem Unternehmen und müssen als sein selbstverständlicher Teil behandelt werden.
  • Organisationales Lernen aus Konflikten zu organisieren und zu nutzen. Dazu gehören in erster Linie Feedbackschleifen von den Konfliktbeteiligten nach einer erfolgreichen Mediation an die Vorgesetzten-Ebene, über strukturelle, im Unternehmen verankerte Gründe für die Konfliktentstehung.
  • Konfliktfolgekosten als Beobachtungsgröße für den Zustand des Unternehmens einführen. Die Beobachtung gibt Aufschluss über das Allgemeinbefinden der Organisation. Es ist wichtig, das Befinden zu kennen und seine Entwicklung im Auge zu behalten, aber es taugt nicht, um unmittelbar Maßnahmen auszulösen – keine Gymnastik, keine Kur, und schon gar keine Amputation. Manager müssen lernen, zu beobachten und Raum zu geben für die Diskussion ihrer Beobachtungen.
  • Ein neuer Blick auf Verantwortung: In der Spannung zwischen kurz- und langfristigen Erfordernissen und in den Konflikten, die sich daraus ergeben,  muss das, was der Einzelne zu verantworten hat, und das, was er tatsächlich gestalten darf, einander angenähert werden. Das führt zu einer behutsamen Überarbeitung des Verantwortungs-Gefüges im Unternehmen. Zu häufig geht es Führungskräften in Bezug auf ihre Verantwortung nur oder vor allem darum, ihre eigene Haut zu retten, wenn Schwierigkeiten auftauchen.
  • Reflexions- und Diskussionsräume einzurichten, die ganz bewusst aus der Beschleunigung gehoben sind. Wir brauchen sie für das einzelne Unternehmen, aber auch für den Dialog und Erfahrungsaustausch mehrerer Unternehmen, wie auch in der Auseinandersetzung des Unternehmens mit Politik und Gesellschaft.

Das sind hohe Anforderungen. Die einzelnen Maßnahmen können nur in einem fließenden Wandel implementiert werden. Konflikte stellen dabei das Spannungsverhältnis zwischen dem offiziell Angesagten und dem individuell Erlebten auf die Probe. Einige davon können aus eben dieser Spannung neue Gestaltungsräume öffnen.

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