20. März 2014

Die Verbindung von Mediation und systemischer Organisationsentwicklung in der innerbetrieblichen Konfliktbearbeitung

von Wilfried Kerntke

Wir gehen davon aus, dass es einen engen Zusammenhang gibt der Art und Weise, wie wir Organisationsmediation betreiben, und dem Möglichkeitsrahmen von Systemdesign. Deshalb widmen wir hier zwei unterschiedlich akzentuierten Wegen der Organisationsmediation einen genaueren Blick.
Systemdesign ist (auch) ein Organisationsentwicklungsprozess. Das Unternehmen wird im Hinblick auf seine Konfliktfähigkeit gezielt einem Wandel unterzogen, mit dem Ziel, die Erträge aus Konflikten zu steigern und ihren Preis zu senken oder zumindest zu zügeln.

Diesen Wandel zu gestalten, verlangt umfassende Einsichten in die Funktionsweise und Dynamik von Organisationen und ihren Konflikten sowie in deren Behandlung. Eine professionelle Gestaltung des Wandels verlangt, knapp gesagt, die Beteiligung von drei Disziplinen: Erstens von Organisationsentwicklern – ihre Kernkompetenz ist die Gestaltung von organisationalem Wandel. OE-Berater haben Wissen und Erfahrung darüber, wie komplexe Systeme dazu angestoßen werden können, in Veränderung zu gehen, und darüber, an welchen Stellen die Misserfolge solcher Vorhaben so aufzubereiten sind, dass der Mut zur Veränderung nicht dauerhaft versiegt. Zweitens die Beteiligung von Führungskräfte-Coaches – ihr Arbeitsgebiet sind Hemmnisse, welchen Führungskräfte bei der Wahrnehmung ihrer Management-Aufgaben unterliegen. Die Arbeit an der Passung zwischen der Person und ihren beruflichen und speziell Führungsaufgaben operiert bislang in der mangelhaft definierten Zone, in der welcher die Konflikte der Organisationsmitglieder in die „Bad Bank“ eines als privat deklarierten Beziehungs-Ungenügens verschoben werden. Die Deklaration des Mediators, dass Konflikte in der Organisation nie Privatsache sind, sondern der Organisation gehören, reicht nicht aus, diese Zone zu erhellen. Wir brauchen die Coaches. Und drittens werden auch Mediatoren verlangt – ihre Kompetenz in der Konfliktarbeit ist unverzichtbar. Mediatoren sind (wie von Bernd Fechler dargestellt), die Choreografen guter Ausgleichshandlungen im gestörten Anerkennungsgefüge nicht nur zwischen Personen, sondern auch zwischen Hierarchieebenen, Business-Units, Konzernteilen, Abteilungen. Diese drei Gesichtspunkte spielen beim Systemdesign eine wichtige Rolle. Sicher wird ein erfahrener Mediator sie alle berücksichtigen. Aber ebenso sicher wird für ihn der mediatorische Gesichtspunkt im Mittelpunkt stehen. Das bedeutet letztlich eine Blickverengung. Die drei verschiedenen Gesichtspunkte müssen, jeder für sich, einen für seine Sicht zentralen Platz beanspruchen dürfen. In ihrer Reibung und in ihrer gemeinsamen Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten der Organisation kann gutes Systemdesign entstehen. 
Das Erfordernis, mehrere Disziplinen zusammenzubringen, taucht nicht erst bei der Aufgabe des Systemdesigns auf. Bereits Mediation in Unternehmen und anderen Organisationen, kurz Organisationsmediation, benötigt Expertise und Inspiration der Organisationsentwicklung, benötigt deren Einsichten in die Verhaltensweisen von Organisationen. In der Überschneidung, in den Interferenzen, im wechselseitigen Schattenwurf, in den Resonanzen der Mediation auf die Organisationsentwicklung hat sich das Fach Organisationsmediation geformt. Es kann heute als Beispiel dafür dienen, auf welche Weise zwei Beratungsdisziplinen unter dem Druck der Notwendigkeit etwas Neues formen können. Durch das Beispiel wird vielleicht auch besser vorstellbar, auf welche Weise die drei beteiligten Disziplinen sich beim Systemdesign durchdringen und ergänzen können.  



Eine ausführliche Darlegung dieser Gedanken erfolgt in:
Faller/Fechler/Kerntke, Systemisches Konfliktmanagement. Stuttgart (Schäffer-Poeschel), erscheint Juni 2014

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