von Wilfried Kerntke
Wir gehen davon aus, dass es einen
engen Zusammenhang gibt der Art und Weise, wie wir Organisationsmediation
betreiben, und dem Möglichkeitsrahmen von Systemdesign. Deshalb widmen wir hier
zwei unterschiedlich akzentuierten Wegen der Organisationsmediation einen
genaueren Blick.
Systemdesign
ist (auch) ein Organisationsentwicklungsprozess. Das Unternehmen wird im
Hinblick auf seine Konfliktfähigkeit gezielt einem Wandel unterzogen, mit dem
Ziel, die Erträge aus Konflikten zu steigern und ihren Preis zu senken oder
zumindest zu zügeln.
Diesen
Wandel zu gestalten, verlangt umfassende Einsichten in die Funktionsweise und
Dynamik von Organisationen und ihren Konflikten sowie in deren Behandlung. Eine
professionelle Gestaltung des Wandels verlangt, knapp gesagt, die Beteiligung
von drei Disziplinen: Erstens von Organisationsentwicklern – ihre Kernkompetenz
ist die Gestaltung von organisationalem Wandel. OE-Berater haben Wissen und
Erfahrung darüber, wie komplexe Systeme dazu angestoßen werden können, in Veränderung
zu gehen, und darüber, an welchen Stellen die Misserfolge solcher Vorhaben so
aufzubereiten sind, dass der Mut zur Veränderung nicht dauerhaft versiegt.
Zweitens die Beteiligung von Führungskräfte-Coaches – ihr Arbeitsgebiet sind
Hemmnisse, welchen Führungskräfte bei der Wahrnehmung ihrer Management-Aufgaben
unterliegen. Die Arbeit an der Passung zwischen der Person und ihren
beruflichen und speziell Führungsaufgaben operiert bislang in der mangelhaft
definierten Zone, in der welcher die Konflikte der Organisationsmitglieder in die „Bad
Bank“ eines als privat deklarierten Beziehungs-Ungenügens verschoben werden.
Die Deklaration des Mediators, dass Konflikte in der Organisation nie
Privatsache sind, sondern der Organisation gehören, reicht nicht aus, diese
Zone zu erhellen. Wir brauchen die Coaches. Und drittens werden auch Mediatoren
verlangt – ihre Kompetenz in der Konfliktarbeit ist unverzichtbar. Mediatoren
sind (wie von Bernd Fechler dargestellt), die Choreografen guter
Ausgleichshandlungen im gestörten Anerkennungsgefüge nicht nur zwischen
Personen, sondern auch zwischen Hierarchieebenen, Business-Units,
Konzernteilen, Abteilungen. Diese drei Gesichtspunkte spielen beim Systemdesign
eine wichtige Rolle. Sicher wird ein erfahrener Mediator sie alle berücksichtigen.
Aber ebenso sicher wird für ihn der mediatorische Gesichtspunkt im Mittelpunkt
stehen. Das bedeutet letztlich eine Blickverengung. Die drei verschiedenen
Gesichtspunkte müssen, jeder für sich, einen für seine Sicht zentralen Platz
beanspruchen dürfen. In ihrer Reibung und in ihrer gemeinsamen
Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten der Organisation kann gutes
Systemdesign entstehen.
Das
Erfordernis, mehrere Disziplinen zusammenzubringen, taucht nicht erst bei der
Aufgabe des Systemdesigns auf. Bereits Mediation in Unternehmen und anderen
Organisationen, kurz Organisationsmediation, benötigt Expertise und Inspiration
der Organisationsentwicklung, benötigt deren Einsichten in die Verhaltensweisen
von Organisationen. In der Überschneidung, in den Interferenzen, im
wechselseitigen Schattenwurf, in den Resonanzen der Mediation auf die
Organisationsentwicklung hat sich das Fach Organisationsmediation geformt. Es
kann heute als Beispiel dafür dienen, auf welche Weise zwei
Beratungsdisziplinen unter dem Druck der Notwendigkeit etwas Neues formen
können. Durch das Beispiel wird vielleicht auch besser vorstellbar, auf welche
Weise die drei beteiligten Disziplinen sich beim Systemdesign durchdringen und
ergänzen können.
Eine ausführliche Darlegung dieser Gedanken erfolgt in:
Faller/Fechler/Kerntke, Systemisches
Konfliktmanagement. Stuttgart (Schäffer-Poeschel), erscheint Juni
2014
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