von Bernd Fechler
Um für die in den vorherigen
Beiträgen beschriebene intensive Zusammenarbeit eine solide Grundlage zu geben,
müssen wir unsere Auftraggeber nicht nur in ihrer offiziellen Rolle als
Repräsentanten des Unternehmens adressieren, sondern uns auch für ihre persönliche
Situation interessieren: Wie weit fühlen sie sich vom Konflikt betroffen und
in ihn involviert?
Ein heikler Punkt ist die Reputationsfrage: Was bedeutet es für das Umfeld, dass eine Mediation stattfinden soll?
Ein heikler Punkt ist die Reputationsfrage: Was bedeutet es für das Umfeld, dass eine Mediation stattfinden soll?
Als Mediatoren sind wir immer auch Bestandteil eines strategischen Spiels verschiedener Interessengruppen in der Organisation. Wir können unsere Auftraggeber danach fragen, welche Interessen und Befürchtungen die Akteure hinsichtlich der Mediation hegen, dürfen aber nicht erwarten, darauf stets klare und vollständige Antworten zu bekommen. In einem undurchsichtig morastigen Konflikt haben wir zwar auch das Bestreben, aber keineswegs eine Garantie, dass der Rahmen für unsere Mediation völlig makellos und rein dastehen wird.
So etablierte sich in einem Fall
ziemlich schnell eine besondere Beratungsbeziehung zu Ressortleiter A, aus der
wir zwar kein Geheimnis machten (selbstverständlich darf und soll jeder wissen,
wann wir mit wem sprechen), in dem sich der Ressortleiter jedoch auch vieles
persönlich von der Seele redete. Hätten wir ihn hier bremsen sollen und auf
einen „externen Coach“ verweisen, damit unsere Mediatorenrolle der
„lehrbuchmäßigen“ Rollendefinition entspricht? Mit der gelebten Wirklichkeit
der Organisation und unseren Eingriffsmöglichkeiten lässt sich das nicht zur
Deckung bringen. Der Ertrag aus diesen Gesprächen war jedenfalls, dass sie uns
einen (selbstverständlich durch die subjektive Brille des Ressortleiters A
gebrochenen) Einblick in die politischen Machtverhältnisse eröffnete, aus dem
wir entscheidende Rückschlüsse auf die Notwendigkeit und die Möglichkeiten
einer stärkeren Einbindung des Gesamtvorstands in die Auftraggeberschaft der
Mediation zogen.
Mediation meets Politik: Mediative Beratung des Gesamtvorstands
Auch innerhalb des Vorstands haperte
es mit der Dialogkultur. Hinter einer betont locker-jovialen
Fassadenkommunikation dräute ein Haifischbecken. Daneben aber auch ehrlich
artikulierte Ratlosigkeit, wie man mit diesem systemrelevanten Konflikt,
in den man schon so viel fruchtloses Nachdenken investiert hatte, weiter
umgehen sollte. Wie viel Kredit und Zeit für unser im Grunde kulturfremdes
Treiben konnten wir im Vorstand erwirken? Ein Wandeln auf einem schmalen Grat
zwischen deutlichen Signalen unsererseits („Wir brauchen Ihre Hilfe“) und
behutsamer Klärungs- und Vermittlungshilfe zwischen Ressortleiter A und dem
CEO, ohne bei diesem Versuch selbst aus der Kurve zu fliegen (denn für solche
Vermittlung hatten wir kein explizites Mandat) – so etwa sah die
Herausforderung für uns aus, um das zu erreichen, was wir für unsere Arbeit
unbedingt brauchten: eine breite, allseitige Mandatierung. Ein offen
artikulierter Interessengegensatz zwischen Auftraggebern, wie er uns sonst
zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat begegnet, ist demgegenüber fast schon
eine leichte Übung.
Den Lohn unserer Bemühungen ernteten wir einige Wochen später, als die Ressortleiter A und B in einer entscheidenden Mediationsrunde Seite an Seite auftraten, um im Namen des gesamten Vorstandes Klarheiten zu schaffen über eine Reihe personalpolitischer Fragen, die in der Zwischenzeit zu wuchernden Verschwörungstheorien geführt und Teile der Belegschaft geradezu paralysiert hatten.
Den Lohn unserer Bemühungen ernteten wir einige Wochen später, als die Ressortleiter A und B in einer entscheidenden Mediationsrunde Seite an Seite auftraten, um im Namen des gesamten Vorstandes Klarheiten zu schaffen über eine Reihe personalpolitischer Fragen, die in der Zwischenzeit zu wuchernden Verschwörungstheorien geführt und Teile der Belegschaft geradezu paralysiert hatten.
Ein vorläufiges Fazit
Es gibt etliche Verbotsschilder, die
die Welt der Mediation einfacher zu machen scheinen, die wir jedoch im
Interesse einer konstruktiven Verständigung in Konflikten immer mal wieder um-
bzw. überfahren müssen – ohne dadurch zu Geisterfahrer der Mediation zu werden.
Letztlich müssen sich Organisationsmediatoren damit auseinandersetzen, ob sie (im jeweiligen Einzelfall), Unternehmen beraten oder nur einzelne Funktionsträger im Unternehmen. Da wäre ein Gespräch mit Coaches interessant, die fürs Führungskräfte-Einzelcoaching auch Aufträge der PE annehmen. Wir erleben die Auseinandersetzung mit den Auftraggebern auch für uns selbst und für die Orientierung unserer Bemühungen als eine Öffnung. Manchmal weicht die Fokussierung auf den Konflikt (das, was hier geschieht, ist ein Konflikt, und es ist unsere Aufgabe, ihn beizulegen) einer neuen Fokussierung. Beim geschilderten Fall war es die Einsicht, dass die Konstellationen zwischen den Beteiligten ganz gewaltige Risiken für das Unternehmen bargen, und dass diese Risiken das Potential hatten, eine große Krise hervorzurufen. Insofern wurde es unsere Funktion als Berater, Risiken zu benennen und Wege zu ihrer Eindämmung zu entwickeln, damit keine Krise entsteht.
Letztlich müssen sich Organisationsmediatoren damit auseinandersetzen, ob sie (im jeweiligen Einzelfall), Unternehmen beraten oder nur einzelne Funktionsträger im Unternehmen. Da wäre ein Gespräch mit Coaches interessant, die fürs Führungskräfte-Einzelcoaching auch Aufträge der PE annehmen. Wir erleben die Auseinandersetzung mit den Auftraggebern auch für uns selbst und für die Orientierung unserer Bemühungen als eine Öffnung. Manchmal weicht die Fokussierung auf den Konflikt (das, was hier geschieht, ist ein Konflikt, und es ist unsere Aufgabe, ihn beizulegen) einer neuen Fokussierung. Beim geschilderten Fall war es die Einsicht, dass die Konstellationen zwischen den Beteiligten ganz gewaltige Risiken für das Unternehmen bargen, und dass diese Risiken das Potential hatten, eine große Krise hervorzurufen. Insofern wurde es unsere Funktion als Berater, Risiken zu benennen und Wege zu ihrer Eindämmung zu entwickeln, damit keine Krise entsteht.
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