30. September 2013

Organisationsmediation heißt, die Verantwortungsfrage stellen

 von Bernd Fechler 

Das Zusammenspiel aller Beteiligten im Unternehmen ist durch abgestufte Verantwortung geregelt. Unter diesem Gesichtspunkt sind Mediationsgespräche ebenso wie die vorangehenden Auftragsgespräche Dialoge darüber, wer wofür Verantwortung hat oder haben soll.  Mit der Feedbackschleife der Organisationsmediation (Kerntke 2004) ist in den letzten Jahren eine Vorgehensweise etabliert worden, die auf dieser Ebene ansetzt. Hier kann nötigenfalls nach der Mediation besser austariert werden, wenn sich Divergenzen zeigen zwischen dem, was jemand tragen und verantworten muss, und dem, was er gestalten darf.



Neben der Frage, wie mit den Ergebnissen einer Mediation umgegangen werden soll (Welche Erkenntnisse fördert die Mediation über die „Verantwortungskultur“ der Organisation zu Tage?) ist das Thema Verantwortung auch während der Mediation stets präsent.
Die Frage ist: Hat die Mediatorin die beraterische Ausstattung, die ihr erlaubt, während der Dauer der Mediation auch den Auftraggeber zu beraten hinsichtlich der Gestaltung von dessen Interaktion mit den Konfliktbeteiligten? Und: Wie groß ist seine Bereitschaft, sich für die Gelingensbedingungen unserer Arbeit mitverantwortlich zu fühlen und zu engagieren? Um eine gute Arbeit zu machen, brauchen wir eine ausreichende Mandatierung. Die Beauftragung nach dem im letzten Beitrag geschilderten „Standardmodell“ reicht unserer Erfahrung oft nicht aus – besonders in Fällen, die unternehmenspolitisch „hoch aufgehängt“ sind und/oder in denen die konstruktive Mitarbeit der Medianden nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann.
Je komplexer und langwieriger der Fall, desto wichtiger ist es, dass die Beteiligten, insbesondere auch die Auftraggeber, wirklich verstehen, was wir tun.


Informierte Medianden und Auftraggeber übernehmen schneller Verantwortung für jene Gelingensbedingungen einer Mediation, auf die wir als Mediatoren nur eingeschränkt einwirken können. Von Beginn an führen wir deshalb Modelle ein, die unseren Auftraggebern ebenso wie den Medianden genauer erklären, wie Organisationsmediation funktioniert, was unser Job ist – und wo wir ihre Unterstützung brauchen.
Zur Aufklärung unserer Kunden müssen wir sie  von dem eingeschränkten Bild des „Beziehungsmanagers“ oder „Seelentrösters“ befreien und ihnen die Vielschichtigkeit und die daraus folgende Notwendigkeit von Abstimmung zwischen Mediations- und Managementprozessen erläutern. Hierzu dienen uns zum Beispiel Prozessdarstellungen über das Nach- und Nebeneinander von Beziehungsklärung („Dialog der Anerkennung“, Fechler 2003), sachlicher Problembearbeitung („Verantwortungs-Dialog“, Schmid / Messmer 2005) sowie Feedbackschleifen zu Struktur und Kultur im Unternehmen (Kerntke 2004).
So nimmt „Kundenedukation“ für uns einen immer höheren Stellenwert ein. Wir lassen unsere Kunden teilhaben an unserem Wissen, insbesondere im Bereich von Kontextgestaltung und Prozessmanagement. Wir machen unseren Kunden von Anfang an deutlich, dass es nicht allein an der Kunstfertigkeit der Mediatoren liegt, ob eine Mediation gelingt oder nicht, sondern dass dies von einer Reihe von Kontextfaktoren abhängt, die vor allem sie beeinflussen können. 

Eine ungekürzte Version dieses Textes finden Sie in Spektrum der Mediation,
Ausgabe 47/2012, einer Zeitschrift, die wir Ihnen empfehlen.

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