30. März 2014

Mediation als Entwicklungshilfe für ein nachhaltiges Gesundheitsmanagement

von Bernd Fechler

„Gesundheit im Unternehmen hat weniger mit Medizin als mit Führung zu tun. Sind die Mitarbeiter krank, ist die Firma der Patient.“

(Kromm/Frank: Unternehmensressource Gesundheit 2009)


Im betrieblichen Dramadreieck kommt das Thema „Burnout“ in unterschiedlichsten Inszenierungen zur Aufführung. Die Betroffenen spielen „Opfer“- und „Täter“-Rollen wild durcheinander, echte „Helfer“ machen sich rar. Eine Führungskraft im Erschöpfungsmanagement ist zum einen selbst Opfer der Verhältnisse und ihrer Unfähigkeit, aus dem Hamsterrad auszusteigen. Ihr droht massiver Statusverlust. In ihrer Überforderung ist sie aber auch – resigniert, unachtsam, zynisch – selbst Verursacher von Unmut, Stress und seelischen Verletzungen. Darüber hinaus hat sie keine Ressourcen mehr, um sich mit „Burnout-Konflikten“ ihrer Mitarbeiter auseinanderzusetzen.
Aber auch überambitionierte „Highperformer“, die sich selbst und andere chronisch überfordern, können für ihre Kollegen zu einer Plage werden. In den Teams schließlich führt der fehlende Mut im Management, die Grenzen der Belastbarkeit anzuerkennen, zu Stellungskriegen und Ränkespielen rund um das Thema Belastungsgerechtigkeit.

Burnout ist Teamwork. Auch wenn ein zentraler Ansatzpunkt zum Ausstieg bei den Einzelnen liegt, wird die Dynamik von Burnout als Beziehungsgeschehen von den gängigen Hilfsangeboten bislang noch zu wenig reflektiert. Dabei ist die Diskussion über „strukturellen“ bzw. „systemischen Burnout“ längst im Gang. Es sind die unausgesprochenen Regeln, Werte und Tabus der Organisationskultur, die einer Veränderung im Wege stehen. Sie verhindern eine ehrliche und offene Auseinandersetzung mit der Erkenntnis, dass es Grenzen des Wachstums, des Multitasking und der Selbstausbeutung gibt.

Dabei hilft ein Perspektivenwechsel. Burnout ist nicht nur Krise, Burnout kann auch als Ressource wahrgenommen werden. Gunther Schmidt spricht von „Burnout-Kompetenz“: der Körper verweigert den Gehorsam, um Schlimmeres zu verhindern. So gesehen ist Burnout eine gesunde Reaktion auf kranke Arbeitsbedingungen – und ein untrüglicher Wegweiser hin zu den neuralgischen Punkten, an denen eine Organisation in struktureller Weise Effizienz und Intelligenz einbüßt.
Viele gutgemeinte Ansätze und Angebote greifen zu kurz, weil sie nicht mutig genug und mit  ausreichendem Mandat an der Kultur, den internalisierten Haltungen und Alltagsroutinen der Organisation ansetzen dürfen. „Nur nicht zu grundsätzlich, nur nicht zu tief!“ als Maßgabe für präventive Angebote ist Augenwischerei. Spätestens wenn es kracht zeigt sich, dass das nicht reicht. Mediatoren können „tief“. Sie helfen den Betroffenen und Verantwortlichen, genau dort nachzuschauen und zuzuhören, wo es weh tut. Mediation – oder weiter gefasst: Stress- und Burnout-sensible Formen konstruktiver Verständigung in Konflikten – ist ein wichtiger Verbündeter, um ein BGM durch die wertschätzende Auseinandersetzung mit den internen Verdrängungsmechanismen und Widerständen mit Leben zu füllen. Raus aus der Fassadenkommunikation. Die Betroffenen ernst nehmen. Anerkennen, dass es schwierig ist – das eröffnet Räume für Heilungsprozesse und neue Lösungen.
 

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