von Wilfried Kerntke
Zur
Aufgabe von Führungskräften gehört es, Konflikte hervorzurufen und sie zu
behandeln, schreibt Thomas Robrecht. Im Zuge der Veränderung der Arbeitswelt und
der Beschleunigung des sozialen Wandels müssen sich Führungskräfte neuen
Konflikten stellen. In zweifacher Hinsicht werden sie von neuen Verhältnissen herausgefordert,
die durch die damit verbundenen Verschiebungen im Gefüge der Anerkennungsverhältnisse
entstehen. Sie müssen einerseits reagieren, und andererseits gestalten.
Das
Gestalten ist mit Arbeit verbunden. Zwar wird den Konsumenten ein durch Konsum
gestaltbares Leben versprochen, um nicht zu sagen: ein Leben als Designgegenstand.
In scharfem Gegensatz dazu aber ist der Alltag von Unternehmenslenkern und
ihren Führungskräften - geprägt von
Alternativenmangel in ihren Entscheidungen und von fehlendem Vorausblick über
die gestalterischen Wirkungen ihres Handelns. Nachhaltigkeit ist die
Beschwörungsformel, die den Gegensatz ausgleichen soll.
Auf
Führungskräfte in Unternehmen kommen in den nächsten Jahren folgende
Anforderungen verstärkt zu:
- Achtsames Management zu üben – also eine defokussierte Aufmerksamkeit für alles, was im Unternehmen an neuen Entwicklungen entsteht. Aufmerksamkeit für das, was neben dem Geplanten liegt. Die Entwicklungen, welche auf Unternehmen zukommen und kritisch werden können, sind mit dem klassischen Managementblick nicht leicht zu fassen.
- Konfliktmanagement
als Managementaufgabe anzuerkennen – nicht als fakultative Übung, der
man sich nach eigenem Gusto unterziehen kann oder auch nicht.
Die Sichtweise, dass Konflikte auch im Arbeitsleben im Wesentlichen eine Privatangelegenheit der Beteiligten seien, entzieht dem Unternehmen wichtige Veränderungs-Energie. Konflikte im Arbeitsleben gehören dem Unternehmen und müssen als sein selbstverständlicher Teil behandelt werden. - Organisationales Lernen aus Konflikten zu organisieren und zu nutzen. Dazu gehören in erster Linie Feedbackschleifen von den Konfliktbeteiligten nach einer erfolgreichen Mediation an die Vorgesetzten-Ebene, über strukturelle, im Unternehmen verankerte Gründe für die Konfliktentstehung.
- Konfliktfolgekosten als Beobachtungsgröße für den Zustand des Unternehmens einführen. Die Beobachtung gibt Aufschluss über das Allgemeinbefinden der Organisation. Es ist wichtig, das Befinden zu kennen und seine Entwicklung im Auge zu behalten, aber es taugt nicht, um unmittelbar Maßnahmen auszulösen – keine Gymnastik, keine Kur, und schon gar keine Amputation. Manager müssen lernen, zu beobachten und Raum zu geben für die Diskussion ihrer Beobachtungen.
- Ein neuer Blick auf Verantwortung: In der Spannung zwischen kurz- und langfristigen Erfordernissen und in den Konflikten, die sich daraus ergeben, muss das, was der Einzelne zu verantworten hat, und das, was er tatsächlich gestalten darf, einander angenähert werden. Das führt zu einer behutsamen Überarbeitung des Verantwortungs-Gefüges im Unternehmen. Zu häufig geht es Führungskräften in Bezug auf ihre Verantwortung nur oder vor allem darum, ihre eigene Haut zu retten, wenn Schwierigkeiten auftauchen.
- Reflexions- und Diskussionsräume einzurichten, die ganz bewusst aus der Beschleunigung gehoben sind. Wir brauchen sie für das einzelne Unternehmen, aber auch für den Dialog und Erfahrungsaustausch mehrerer Unternehmen, wie auch in der Auseinandersetzung des Unternehmens mit Politik und Gesellschaft.
Das
sind hohe Anforderungen. Die einzelnen
Maßnahmen können nur in einem fließenden
Wandel implementiert werden. Konflikte stellen dabei das Spannungsverhältnis
zwischen dem offiziell Angesagten und dem individuell Erlebten auf die
Probe. Einige davon können aus eben
dieser Spannung neue Gestaltungsräume öffnen.
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