von Wilfried Kerntke
Die Arbeitswelt
der Unternehmen, nein, praktisch aller Organisationen, ist in einem rasanten
Veränderungsprozess begriffen.
Die Arbeit an den
Konflikten der Organisation muss sich darauf einstellen. Sie muss die neuen
Herausforderungen verstehen, muss sie annehmen und sich ihnen anpassen. Damit
Mediation auch künftig ein gutes Instrument für die Intervention in Organisationen
bleibt, bedarf es erheblicher konzeptioneller Investitionen.
Wir stellen den Umriss eines
Arbeitsprogrammes für Mediation von morgen vor.
1. Der Rahmen:
Die Beschleunigung des Sozialen Wandels
verändert die Arbeitswelt massiv. Richard Sennet hatte das 1998 mit seinem Buch
„Der flexible“ Mensch als kulturelles Phänomen erklärt: Der biographische
Erzählfaden des einzelnen Arbeiters oder Angestellten geht verloren; es gibt keine erkennbar logische Verknüpfung
zwischen den Stationen eines Arbeitslebens mehr. Hartmut Rosa, ebenfalls
Soziologe, zeichnet mit „Weltbeziehungen im Zeitalter der Beschleunigung“ 2012 die
Tiefenstruktur der neuen Verhältnisse auf. Der quasi naturgewaltige Druck der
Beschleunigung sozialen Wandels lässt uns immer schneller strampeln, damit wir nicht
untergehen. Wer heute noch so arbeitet wie gestern, wird morgen eine
schlechtere Arbeit haben. Die Angst, in diese Abwärtsdrift zu geraten, diktiert
ein Verhalten, das die Beschleunigung des Wandels beschleunigt. Sie ist
gekennzeichnet von zunehmender Entfremdung - die Menschen tun, was sie
eigentlich nicht tun möchten, und sie umgeben sich mit Dingen, die sie
eigentlich nicht haben möchten. Der Erfolgreiche verfolgt nicht einen
Lebensentwurf, sondern surft auf den sich ergebenden Gelegenheiten wie auf
Brandungswellen. In der Arbeitswelt von morgen ist das einzelne
Arbeitsverhältnis eine vorübergehende Station auf einem nicht vorhersagbaren
Weg – und nicht etwa eine verbindlich feste Beziehung zwischen Arbeitnehmer und
Unternehmen.
Räume für wichtige Entscheidungsgänge
schmelzen im Zug der Beschleunigung weg. Das prinzipiell dumme Wort der
Regierenden von der Alternativlosigkeit ihrer Entscheidungen regiert längst
auch in vielen Unternehmen. Der Diskurs,
von Habermas als Bedingung für Demokratie gefordert, ist im Unternehmen Bedingung
dafür, dass klug abgestufte Verantwortung gelebt werden kann. Als
naturgesetzlich erlebte Erosion der Bedingungen entzieht diesen Wandel der
gesellschaftlichen und politischen Kritik und damit, an einem viel früheren
Punkt, auch der Kritik aus Unternehmensverantwortung. Wir nehmen hin, dass wir
verschärfen, was uns schadet.
Umstrukturierungen in immer kürzerer Folge korrumpieren
das Gefüge der Verantwortung im Unternehmen. Schnelle Anpassung, nicht
langfristiges Augenmaß, wird gefordert.
Unter diesen neuen Rahmenbedingungen der
Arbeit entstehen im Unternehmen neue Konflikte, mit besonderen Anforderungen
für ihre Behandlung. Genau an diesem Punkt, der Behandlung der Konflikte,
ergeben sich Chancen Innerhalb der Organisation mit einer weiterreichenden
Orientierung einzugreifen.
Die nächste Folge, am
20.5.:
2. Die Konflikte in der Arbeitswelt von morgen
2. Die Konflikte in der Arbeitswelt von morgen
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