10. Mai 2014

Mediation in der Arbeitswelt von morgen - Umrisse eines Arbeitsprogramms


von Wilfried Kerntke


Die Arbeitswelt der Unternehmen, nein, praktisch aller Organisationen, ist in einem rasanten Veränderungsprozess begriffen.
Die Arbeit an den Konflikten der Organisation muss sich darauf einstellen. Sie muss die neuen Herausforderungen verstehen, muss sie annehmen und sich ihnen anpassen. Damit Mediation auch künftig ein gutes Instrument für die Intervention in Organisationen bleibt, bedarf es erheblicher konzeptioneller Investitionen.

Wir stellen den Umriss eines Arbeitsprogrammes für Mediation von morgen vor.

1. Der Rahmen:


Die Beschleunigung des Sozialen Wandels verändert die Arbeitswelt massiv. Richard Sennet hatte das 1998 mit seinem Buch „Der flexible“ Mensch als kulturelles Phänomen erklärt: Der biographische Erzählfaden des einzelnen Arbeiters oder Angestellten geht verloren;  es gibt keine erkennbar logische Verknüpfung zwischen den Stationen eines Arbeitslebens mehr. Hartmut Rosa, ebenfalls Soziologe, zeichnet mit „Weltbeziehungen im Zeitalter der Beschleunigung“ 2012 die Tiefenstruktur der neuen Verhältnisse auf. Der quasi naturgewaltige Druck der Beschleunigung sozialen Wandels lässt uns immer schneller strampeln, damit wir nicht untergehen. Wer heute noch so arbeitet wie gestern, wird morgen eine schlechtere Arbeit haben. Die Angst, in diese Abwärtsdrift zu geraten, diktiert ein Verhalten, das die Beschleunigung des Wandels beschleunigt. Sie ist gekennzeichnet von zunehmender Entfremdung - die Menschen tun, was sie eigentlich nicht tun möchten, und sie umgeben sich mit Dingen, die sie eigentlich nicht haben möchten. Der Erfolgreiche verfolgt nicht einen Lebensentwurf, sondern surft auf den sich ergebenden Gelegenheiten wie auf Brandungswellen. In der Arbeitswelt von morgen ist das einzelne Arbeitsverhältnis eine vorübergehende Station auf einem nicht vorhersagbaren Weg – und nicht etwa eine verbindlich feste Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Unternehmen.

Räume für wichtige Entscheidungsgänge schmelzen im Zug der Beschleunigung weg. Das prinzipiell dumme Wort der Regierenden von der Alternativlosigkeit ihrer Entscheidungen regiert längst auch in vielen Unternehmen.  Der Diskurs, von Habermas als Bedingung für Demokratie gefordert, ist im Unternehmen Bedingung dafür, dass klug abgestufte Verantwortung gelebt werden kann. Als naturgesetzlich erlebte Erosion der Bedingungen entzieht diesen Wandel der gesellschaftlichen und politischen Kritik und damit, an einem viel früheren Punkt, auch der Kritik aus Unternehmensverantwortung. Wir nehmen hin, dass wir verschärfen, was uns schadet.



Umstrukturierungen in immer kürzerer Folge korrumpieren das Gefüge der Verantwortung im Unternehmen. Schnelle Anpassung, nicht langfristiges Augenmaß, wird gefordert.



Unter diesen neuen Rahmenbedingungen der Arbeit entstehen im Unternehmen neue Konflikte, mit besonderen Anforderungen für ihre Behandlung. Genau an diesem Punkt, der Behandlung der Konflikte, ergeben sich Chancen Innerhalb der Organisation mit einer weiterreichenden Orientierung einzugreifen.  



Die nächste Folge, am 20.5.:
2. Die Konflikte in der Arbeitswelt von morgen

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